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Lanzarote, September 2008


Unsere erste gemeinsame Flugreise. Schon kurz nachdem wir uns kennenlernten reifte die Idee gemeinsam irgendwohin zu fliegen. Lanzarote bot sich an da Patrick schon mehrfach dort war und die Insel dementsprechend gut kannte. Die Suche nach einem Barrierefreien Hotel stellte sich als ziemlich schwierig heraus da es diesbezüglich kaum Informationen gibt. Mitunter ein Hauptgrund für diese Seiten… Nach langem suchen haben wir uns für das Hotel H10 Timanfaya Palace in Playa Blanca im Süden der Insel entschieden. Das Hotel soll mehrere Rollstuhlgerechte Zimmer haben und Toiletten mit Haltegriffen…


Also auf ins Reisebüro und die Reise buchen. Ginge ja auch billiger Online. Aber wegen dem Rolli etc. haben wir uns für die klassische Variante entschieden. Das Buchen war kein Problem. Wir mussten diverse Angaben zum Grad der Behinderung machen sowie die Abmasse des Rollstuhls angeben. Dieser musste ja auch mit ;-)

Als nächstes machten wir uns Gedanken was wir so alles für die Reise gebrauchen könnten. Wir haben gelernt immer vom schlimmstmöglichen Fall auszugehen… Um Druckstellen beim Baden und auf der Toilette zu verhindern haben wir im Internet praktische Schaugummiunterlagen gefunden die in jedes Gepäck passen. Eine Rechteckige für die Badewanne und eine Ringförmige mit Klettbändern für die Toilette. Weiter einen Handgriff mit Saugnäpfen. Man weiss ja nie ;-)


Am Freitag, 5. September 2008 war es endlich soweit. Da wir schon um 7 Uhr früh auf dem Flughafen sein mussten hiess es mitten in der Nacht aufzustehen und mit dem eigenen Auto Richtung Zürich Flughafen zu fahren. Dort die Erste Überraschung: Die einzigen Rollstuhlparkplätze waren in einer Zone die gerade umgebaut wurde… Egal, hab ja meinen Freund der halt das Parken übernehmen musste.

Flughafen Zürich

Weiter zum Check-In. Wir hatten gelesen dass man als Behinderte einen speziellen Begleit-Service in Anspruch nehmen kann. Weil wir unabhängig sein wollten haben wir aber darauf verzichtet. Also Anstehen wie alle und unser Gepäck aufgeben. Zum Glück war nicht viel los und wir hatten schon bald unsere Bordingpässe. Nach dem Check-In mussten wir uns noch bei einem Schalter melden damit uns jemand beim einsteigen in den Flieger helfen würde. Auch das war schnell erledigt. Auf zur Passkontrolle und Zollfrei shoppen :-)


Die Spannung steigt. Bald geht’s los zu meinem ersten Flug seitdem ich im Rollstuhl sitze. Wir mussten schon etwas vor dem einsteigen am Gate sein damit wir als erste in den Flieger einsteigen konnten. Also machten wir uns schon bald auf den Weg dorthin. Kurz vor dem Gate muss man noch durch die übliche Kontrolle. Mit Rollstuhl fällt diese etwas anders aus. Erst einmal an allen Wartenden vorbei und dann wurden ich und mein Rolli aufs Genaueste untersucht. Dies war etwas komplizierter da ich ja nicht aufstehen kann. Kurz darauf waren wir an unserem Gate und warteten aufs einsteigen.


Als Rollifahrer kommt man als erster rein und als letzter raus aus dem Flieger. Vor dem Einsteigen werde ich auf eine art Sackkarre mit Sitz umgesetzt weil mein Rolli zu breit für ein Flugzeug ist. Gesichert mit Gurten wie in einem Rennwagen werde ich dann zu unserem Sitz gerollt. Das rüberrutschen ist dank Patrick auch kein Problem. Hoffentlich kommt mein Rolli auch mit... Der wird jetzt mit dem Vermerk „Delivery to Gate“ im Flieger verstaut und sollte dementsprechend in Lanzarote als erstes ausgeladen werden.


Endlich geht es los. Mein erster Flug seit bald 12 Jahren. Etwa 4 Stunden sind wir unterwegs. Schon bald werde ich ruhiger und geniesse die Aussicht von meinem Fensterplatz. Starten und Landen ist ja eigentlich das einzig aufregende am fliegen. Zum Glück sitzen wir auf der richtigen Seite und so sehe ich beim Anflug auf Lanzarote schon einen grossen Teil der Insel.

Nach der Landung rollt das Flugzeug wiederum zu einem Gate. So ist das Aussteigen auch ne Kleinigkeit. Wir werden schon erwartet. Zwei freundliche Helfer bringen uns durch die Ausweiskontrolle zum Gepäckband wo auch schon unser Gepäck seine runden dreht. Nach dem Zoll wartet jemand vom Reiseunternehmen mit weiteren Informationen für uns. Jetzt haben wir noch ne knappe Stunde fahren in einem speziellen Bus für Rollstühle vor uns. Mit einer Hebebühne werde ich hinten „aufgeladen“ und mein Rolli mit Klammer am Boden festgezurrt. Los geht’s… Der Fahrer hat bestimmt ne Rallye-Ausbildung. Nach jeder Kurve fragt er freudenstrahlend wie es geht.

Im Hotel angekommen steigt die Spannung wie wohl unser Zimmer sein wird. Ebenerdig geht es um ein paar Ecken in den hinteren Teil vom Hotel. Na ja… Im Zimmer angekommen natürlich der erste Blick ins Bad. Leider hat dieses mit Behindertengerecht fast nichts zu tun. Eine Badewanne anstelle einer Dusche und ne Toilette mit einem einfachen Griff an der Wand daneben. Wenigstens ist der Waschtisch unterfahrbar. Die sofortige Reklamation an der Rezeption bringt nicht viel ausser der Erkenntnis dass alle Rollstuhlgerechten Zimmer so sind. Anscheinend rechnet hier niemand mit Rollifahrern die nicht aufstehen können. Nach dem ersten Schock entschädigt wenigstens die schöne Aussicht aufs Meer vom Balkon aus.

Wegen dem nicht Rolligerechten Bad lasse ich mir die Ferien nicht verderben. Zum Glück bin ich nicht alleine hier und mit der Hilfe von Patrick werde ich auch das meistern. Das Hotel selber ist optimal mit Rampen ausgestattet. Eine Beschreibung finden sie zusätzlich unter dem Punkt Hotels. Wenn man in die Lobby kommt ist man eigentlich im obersten Stockwerk des Hotels. Richtung Meer öffnet sich eine grosse Dachterrasse. Linkerhand gibt es ein paar Tische die zur Bar im Eingangsbereich gehören. Da es meistens Windig hier draussen ist findet man fast immer (auch abends) einen Platz. Die Terrasse ist auch ein guter Ort z.B. vor dem Abendessen den Sonnenuntergang zu geniessen…


Am ersten Tag machen wir uns gleich morgens am Meer entlang Richtung Playa Blanca auf den Weg. Das sind jeweils gut 1.5km hin und zurück. Da wir das Hotel noch nicht so gut kennen suchen wir erst den Zugang zur Strandpromenade. Dort angelangt schauen wir uns gleich den Strand an. Es gibt da zwei mit Sand aufgefüllte Plattformen die etwas erhöht über dem Meer liegen. Über eine in den Fels gehauene Treppe gelangt man zum schwimmen ins tiefblaue Wasser. Leider nichts für mich… Aber zum Sonnenbaden der ideale Ort da die meisten Touris eh am Pool liegen und wir so immer den perfekten Platz mit Aussicht haben. Jetzt aber wollen wir weiter ins nahe Dorf. Der Weg dorthin ist nicht zu unterschätzen. Erst geht’s den Hügel hoch und dann ziemlich steil runter an eine kleine Sandbucht. Danach wird es etwas flacher. Weil wir immer wieder fotografieren sind wir so fast zwei Stunden unterwegs.


In Playa Blanca hat es eine wunderschöne Strandpromenade mit vielen Bars und Restaurants. Zeit, uns was Kühles zu genehmigen. Wir suchen uns eine Bar mit Blick auf den Hafen aus. Bei einem erfrischenden Glas Bier schauen wir etwas dem bunten Treiben auf der Promenade und im Hafen zu. Langsam wird es immer wärmer. So gehen wir nicht mehr ganz ans ende der Promenade. Ein paar Souvenirshops auf dem Rückweg können wir nicht widerstehen.


Da wir ja nicht nur immer im Hotel bleiben, sondern auch etwas von der Insel sehen wollen, mieten wir uns einen roten Jeep Wrangler. Cooles Auto, aber bei Regen leider ohne Dach und kein Kofferraum wo man mal was einschliessen kann ;-) Na gut, mit Regen sollte man hier im September ja nicht rechnen müssen… So machen wir uns am nächsten Tag zu einer Tour um die ganze Insel auf. Unser erstes Ziel ist der Jardin de Cactus etwas nördlich der Hauptstadt Arrecife. Der Garten wurde durch César Manrique in einen alten Steinbruch bei Guatiza gebaut. Wunderschön, aber nichts für meinen Rolli. Ich muss höllisch aufpassen mit meinen Rädern nicht zwischen den grossen Lavasteinplatten hängen zu bleiben. In dem grossen Amphitheater findet man alle Sorten von Kakteen, vom kleinen, ein paar cm durchmessenden, bis zum mehrere Meter hohen Gewächs. Das beim Eintritt durch meinen Rolli gesparte Geld wird noch im kleinen Kaffe im hinteren Teil des Parks in was Kühlendes umgesetzt.

Weiter geht’s der Küste entlang nach Norden. Wir haben uns für heute vorgenommen die Insel einmal zu umrunden… unser nächstes Ziel ist der Mirador del Rio. Dort angekommen ist alles im Nebel. Also entscheiden wir uns weiterzufahren. Ein paar Meter weiter finden wir einen schönen Platz wo wir durch ein paar Lücken im Nebel die grandiose Aussicht von diesem hohen Cliff über das Meer geniessen können.


Ist schon sehr anstrengend so eine Rundreise. Patrick könnte mir noch einiges mehr zeigen aber ich lasse mich nur noch zu einem Besuch am Strand von Famara „überreden“. Ein riesiger Sandstrand an dem glaube ich immer ein sehr starker Wind weht. Überall ist die Strasse halb zugeweht vom feinen Sand. Fast am Horizont sieht man noch die Überreste von einem gesunkenen Schiff aus den Fluten ragen. Wir lassen diese windige Gegend rechts liegen und machen uns wieder auf den Rückweg in unser Hotel. Dort angekommen bin ich ziemlich ko, freue mich aber diesen schönen Ausflug mitgemacht zu haben.


Mit ein paar weiteren, kleineren Ausflügen geht unsere Ferienwoche leider sehr schnell vorbei. Wenigstens bin ich das erste Mal seit Jahren wieder am Meer gewesen und konnte die Sonne an einem Sandstrand geniessen.


Der Rückflug in die Schweiz verlief ohne Zwischenfälle. Wir mussten sehr früh aufstehen und wurden pünktlich durch den uns schon bekannten Bus abgeholt. Als wir am Flughafen ankamen wurde es auch schon langsam hell. So hatten wir leider nicht mehr allzuviel von der Rückfahrt… Die Zeit vom Einchecken bis zum Abflug ging mit shoppen sehr schnell vorbei. Wie immer durften wir als erste an Bord. Selten ein Flughafen erlebt der in Sachen Rollstuhl so gut organisiert war. Während des Fluges hatte ich etwas Probleme mit dem Kreislauf. Wahrscheinlich die Nervosität weil keine Toilette verfügbar ;-) Aber auch diese vier Stunden habe ich überlebt.

Kaum zuhause ist dann unsere Idee mit der Amerika-Rundreise geboren…

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